Ich wurde vom Verein Akut eingeladen, im Rahmen eines konzertanten Symposiums über Adorno zu sprechen. Als Thema habe ich das Verhältnis Adornos Ästhetik zu seiner politischen Theorie gewählt:
Kunst ist für Adorno nicht auf direktem Weg mit Gesellschaft verknüpft. Sie ist politisch, gerade wo sie es nicht ist. Indem sie verweigert, sich in den Dienst einer kunstfremden Sache zu stellen, bildet sie einen eigenen abgeschlossenen Bereich und gerät in Konflikt mit der bestehenden Ordnung. In dieser Weigerung, sich einer auf Zwecke gerichteten Rationalität zu unterwerfen, die sich im Werk selber künstlerisch vollzieht, sättigt sich Kunst an Gesellschaft. Die Verflechtung reicht bis ins Innerste.
Für Adornos eigene Komposition folgt daraus die Konsequenz, im Prinzip keinem zuerst entworfenen politischen oder philosophischen Programm folgen zu dürfen. Beim Komponieren, dem Entscheiden darüber, was künstlerisch stimmt und noch mehr darüber, was nicht stimmt, kann er sich nur auf die Kenntnis des musikalischen Materials stützen. An das Dagewesene, die Tradition, wird überwindend angeknüpft, sie bleibt erhalten, nur indem sie – wie es bei Adorno hegelisch heißt – „bestimmt negiert“ wird und nicht in verehrender Konservierung.